Einsatz für vier Hufe: Tierretter bei der Geseker Feuerwehr

Liquido ist heute vor allem eins: neugierig. Umso bereitwilliger lässt sich der 23-jährige Wallach zum Fototermin aus der Box führen, um dann direkt die Kamera der Reporterin unter die Lupe – oder vielmehr die Nüstern – zu nehmen. Würde jetzt aber zum Beispiel der Hof brennen, wäre das Pferd deutlich weniger kooperativ – verständlicherweise.

Doch auch dann wäre Liquido bei Sabrina Moselage und Andre Fara in guten Händen: Die beiden Feuerwehrleute haben nämlich den Lehrgang „Großtierrettung“ abgeschlossen bzw. sind gerade dabei. Damit sind sie die einzigen Einsatzkräfte in Geseke, die diese Ausbildung haben, geben ihr Wissen aber bei Dienstabenden an ihre Kameraden weiter.

Acht Stunden Theorie und Praxis

Das Seminar umfasst acht Stunden Theorie und Praxis. Es vermittelt Grundkenntnisse darüber, wie Einsatzkräfte Tiere aus den unterschiedlichsten Notlagen retten können, „aus denen sie sich selbst nicht mehr befreien können“, bringt es Andre Fara auf den Punkt.

Die Teilnehmer lernen etwa, wie sie ein Pferd, das auf der Weide gefallen ist, wieder aufrichten. Oder auch, wie sie Tiere im Falle eines Feuers schnell und sicher aus dem Stall bekommen. Einfach heraustreiben funktioniert nämlich bei Pferden nicht. Sie begreifen ihre Box als sicheren Ort und kehren bei Gefahr immer wieder dorthin zurück – ganz egal, ob es brennt. Sie müssen deshalb herausgeführt werden – notfalls mit einem selbstgemachten Nothalfter aus Feuerwehrleine, erklärt Andre Fara.

Wie generell bei Feuerwehreinsätzen gilt auch bei der Tierrettung: Ruhe bewahren! Schließlich befinden sich die Vierbeiner in einer Ausnahmesituation. Und da die meisten Großtiere – dazu zählen alle, die größer als ein Schäferhund sind – Fluchttiere sind, müssen die Wehrleute besondere Vorsicht walten lassen. „Die können auch angreifen“, weiß Andre Fara. „Auf keinen Fall von hinten nähern“, lautet deshalb ein wichtiger Tipp von Sabrina Moselage.

Dass die Feuerwehr ein Tier aus einer Notlage befreien muss, kommt nicht besonders oft vor. Gleichwohl glaubt Sabrina Moselage, dass viele Besitzer zunächst versuchen, sich selbst zu helfen. Klappt das nicht, empfiehlt sie, statt der Polizei direkt die Feuerwehr anzurufen. Sie könne direkt mannstark anrücken.

Viele Einsätze haben ein gutes Ende. Der Anstoß für Andre Fara, den Lehrgang zu machen, war aber ein nicht so schöner. „Vor Jahren ist ein Pferd in den Bach gefallen“, erinnert er sich. „Wir hatten große Probleme, es zu retten.“ Die Feuerwehr konnte das Tier zwar letztendlich aus seiner Notlage befreien. Weil es aber zu lange auf der Seite gelegen hatte, musste es dann doch eingeschläfert werden.

Der Klassiker – sprich die (vermeintlich) im Baum gefangene Katze, kommt übrigens auch vor. Meistens suche der Stubentiger aber von sich aus das Weite, sobald er die Wehrleute erblickt. Die Einsatzkräfte mussten außerdem schon Ziegen befreien, die sich mit ihren Hörnern im Zaun verfangen hatten, getürmte Papageien wieder einfangen oder einen Hund aus dem Teich ziehen.

Als sich eine Kornnatter in einen Kabelschacht im Wohnhaus verirrte, musste aber doch ein Reptilienexperte von der Polizei kommen. Das Ende vom Lied war, dass die ganze Wand aufgestemmt werden musste (weitere tierische Einsätze im Infokasten).

Tierarzt gibt Tipps zu erster Hilfe

„Rettung ist Kernaufgabe der Feuerwehr – das gilt für Tiere genauso wie für Menschen“, betont Andre Fara. Deswegen bilden sich die Einsatzkräfte auch stetig weiter. Für die praktischen Dienstabende stellt der Reiterverein zum Beispiel seine Hallen zur Verfügung. Darüber hinaus hat die Geseker Feuerwehr einen Tierarzt eingeladen, der unter anderem Tipps zur ersten Hilfe bei Kleintieren geben soll.

Gut 60 Einsätze in den letzten 20 Jahren

++++ In den letzten 20 Jahren rückte die Geseker Feuerwehr laut Einsatzstatistik gut 60 Mal zu Tierrettungen aus. Einige Beispiele: ++++

. Ein Schwan auf dem Geseker Teich hatte einen Angelhaken im Schnabel. Mit Hilfe eines Tierarztes wurde er davon befreit.

. Gülle, die in den Völmeder Bach eingeleitet worden war, floss in eine Forellen-Zuchtanlage. Die Feuerwehr sperrte den Zulauf ab und pumpte Sauerstoff in die Fischbecken. Trotz des schnellen Eingreifens konnte sie jedoch nicht verhindern, dass ein Großteil der Fische verendete.

. Bei Reinigungsarbeiten fiel ein Hund in eine offene Abwasser-Sickergrube. Die Rettung gestaltete sich schwierig, da die Schachtöffnung relativ klein und das Tier sehr ängstlich war. Nachdem ein Feuerwehrmann mit einer Wathose in den Schacht gestiegen war, konnte der Vierbeiner wohlauf gerettet werden.

. Eine Katze steckte am Lehrschwimmbecken Störmede vermeintlich im Zwischenraum unter den Bodenplatten fest. Die Kameraden lockten sie mit Katzenfutter wieder hervor.

. Gleich mehrfach verirrten sich die Schwäne vom Geseker Teich in den Bereich des Wehrs und mussten zurück ins gewohnte Gewässer gebracht werden.

. Eine Eule verirrte sich in das Treppenhaus eines Wohnhauses. Die Feuerwehr befreite sie aus dieser Zwangslage.

. Auf einer Wiese klemmte sich ein Schaf zwischen zwei Baumstümpfen ein Bein ein. Die Kameraden befreiten es.

 Quelle: Der Patriot